Die Geschichte der Drehorgel

 

Text von Christian Wittmann

Die ersten Anfänge

Im Allgemeinen finden sich wenige schriftliche Überlieferungen aus der Zeit vor 1600. Die Drehorgel entwickelte sich mit zunehmender Kenntnis zum Bau der notwendigen Teile. Nach 1600 tauchen immer wieder Berichte über mechanische Orgeln auf. Eine der ältesten erhaltenen Walzenorgeln ist die des "Salzburger Stier" von 1580. Aus dem 17. Jahrhundert finden sich Aufzeichnungen des Jesuitenpaters Athanasius Kircher ("Organo Portatile", Bild rechts). Ab 1750 dürfte die Drehorgel zum allgemeinen Straßenbild gehört haben, wie es auf verschiedenen Abbildungen dokumentiert ist; es waren Savoyarden und italienische Straßenmusiker, die durch die Lande zogen.

In Bezug auf die Namensgebung in anderen europäischen Ländern (Französisch "Orgue de Barbarie", Italienisch "Organo di Barbieri" – grob übersetzt "Orgel aus der Fremde") liegt die Vermutung Nahe, dass die Drehorgel zum Gebrauch auf der Straße eine deutsche Erfindung sei.

Entwicklung im Schwarzwald

Der bekannteste Herstellungsort von Drehorgeln und Spieluhren war und ist Waldkirch im Schwarzwald, wo Ignaz Bruder als Begründer der dortigen Drehorgelindustrie gilt. Er selbst hatte bei einer Gesellenwanderung in Mirecourt, Frankreich, Instrumente studiert und später sein Wissen verwirklicht. Der von ihm gegründete Betrieb wurde von seinen Söhnen bis ca. 1930 weitergeführt, und viele kunstvoll gefertigten Dreh- und Jahrmarktsorgeln in alle Welt exportiert. Daneben gab es in Waldkirch auch andere namhafte Orgelfabriken, wie z.B. Ruth, Limonaire, Weber und Carl Frei.

Industrielle Herstellung

Nicht nur Waldkirch war ein Zentrum des Drehorgelbaues, sondern auch im Raum um Leipzig, wo sich ca. ab 1880 Organetten-Hersteller ansiedelten. Einer der großen Begründer war Paul Ehrlich, der sich 1876 einen Betrieb gründete, woraus 1880 die "Fabrik Leipziger Musikwerke" wurde; dort wurde die beliebte Organette "Ariston" hergestellt, was der Fabrik den großen Erfolg brachte. Im Leipziger Raum gab es auch einige andere Fabriken wie die "Leipziger Musikwerke Phönix", "Pietschmann", "Euphonika Musikwerke" und viele andere.

Das Ende

Einerseits war es die allgemeine Wirtschaftskrise nach dem ersten Weltkrieg, andererseits die Verbreitung von Grammophon und Radio, die den Zweck mechanischer Musikinstrumente billiger und einfacher erfüllten. Selbst Jahrmarktsorgeln wurden kaum mehr benötigt, da die Schausteller zunehmend Verstärkeranlagen bevorzugten. Trotz der geringen Nachfrage hielten sich einige Hersteller wie Carl Frei und Bacigalupo.

Wiedergeburt und Nostalgie

Mit der Nostalgiewelle in den 70er und 80er Jahren kam wieder mehr Interesse an mechanischen Musikinstrumenten auf. Historische Drehorgeln wurden restauriert und gespielt, auch die Nachfrage nach neuen Instrumenten wurde immer größer. So tauchten ein Drehorgelbauer nach dem anderen auf, und es wurden sogar Neuentwicklungen gemacht. Obwohl anfangs nicht alle Drehorgeln technisch ausgereift waren, ist festzustellen, dass heutzutage vor allem gute Qualität im Vordergrund steht.

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